Brushless-Motoren: die richtige Antriebsquelle für unsere Racer
Im Kapitel » Hydrodynamik wurde bereits grundsätzlich auf die Möglichkeit der Leistungssteigerung durch Brushless-Motoren eingegangen. Der Einbau eines Brushless-Motors ("bürstenloser Motor", "BL-Motor" oder kurz "BL") in unsere Außenborder macht in vielerlei Hinsicht Sinn. Denn die BLs sind den konventionellen Bürstenmotoren in nahezu jeder Hinsicht überlegen:
- BLs sind erheblich kleiner und leichter als gleichstarke Bürstenmotoren. Allein schon dieser Punkt rechtfertigt den Einbau eines BLs in unsere Außenborder. Denn wir müssen hinten am Heck Gewicht sparen: jedes zusätzliche Gramm Motorengewicht muss im Bug des Bootes mit Gegengewicht (Akkugewicht) ausgeglichen werden, damit hinterher der Gesamtschwerpunkt des Racers stimmt. Der Gesamtschwerpunkt ist sehr wichtig für gute Fahrleistungen des Modells. Ein schwerer Motor mit entsprechend schwerem "Gegengewicht" ergibt ein unnötig schweres Modell. Dadurch steigt wiederum der Rumpfwiderstand (Reibung des Wassers): das Modell wird langsamer bzw. benötigt deutlich mehr Energie.
- BLs sind - mit Ausnahme der Lager - nahezu verschleißfrei. Da es keine Bürsten gibt, können sie auch nicht abnutzen und müssen nicht ausgetauscht werden. Der Grundaufbau dieser Motoren ist sehr einfach. Sie sind also nicht etwa komplexer, sondern viel einfacher als traditionelle Bürstenmotoren.
- BLs verfügen über einen wesentlich höheren Wirkungsgrad. Während Bürstenmotoren nur 50 bis max. 70% der Eingangsleistung in Ausgangsleistung umsetzen können und den Rest in Verlustleistung (vorrangig Wärmeentwicklung) verbraten, erreichen BLs Wirkungsgrade über 80%. Das bedeutet für uns: die Akkuenergie wird deutlich besser genutzt als bei Bürstenmotoren. Wir fahren daher bei gleicher Akkukapazität länger bzw. schneller, oder können bei gleicher Fahrzeit leichtere Akkus einsetzen. Gleichzeitig wird weniger Akku-Energie in unnütze Wärme (= Verlustleistung) umgesetzt.
- BLs liefern ihren maximalen Wirkungsgrad über einen sehr breiten Drehzahlbereich. Bürstenmotoren arbeiten nur in einem recht schmalen Drehzahlbereich optimal ("Arbeitspunkt"). Darüber und darunter entsteht unnötig viel Verlustleistung. BLs erreichen ihren optimalen Wirkungsgrad recht schnell und halten ihn über einen weiten Drehzahlbereich aufrecht. Damit sind sie leichter auf ein konkretes Modell anzupassen und arbeiten über einen weiten Drehzahlbereich energieeffizient.
- BLs können bauartbedingt deutlich höhere Drehzahlen erreichen als Bürstenmotoren. Da wir meistens mit recht kleinen Props (z.B. GTX 500: 29 bis 31mm Propdurchmesser) und einem Steigungsfaktor von ca. 1,4 unterwegs sind, erreichen wir nicht sonderlich viel Vortriebsweg pro Propumdrehung (ca. 40 bis 43 mm bei Steigungsfaktor 1,4). Darum können wir angemessene Geschwindigkeiten am besten über entsprechend höhere Drehzahlen erreichen. Während ein Bürstenmotor unter Last nur selten mehr als 20.000 U/min erreicht, können BLs Drehzahlen über 50.000 U/min. erreichen. (Anm.: Extremdrehzahlen sollten wir in unseren 152VO-Racern aber unbedingt vermeiden, da wir uns damit jede Menge Probleme einhandeln würden! Dies wird an anderer Stelle ausführlicher besprochen.)
- Bei Bürstenmotoren kommt es in höheren Drehzahlbereichen zu Funkenbildung zwischen Kommutator und Bürsten ("Bürstenfeuer"). Diese hochfrequenten Funken können die saubere Signalübertragung in der RC-Empfangsanlage empfindlich stören. Dies kann bis zur "Unfahrbarkeit" des Modells führen (z.B. durch unkontrollierte Ausschläge des Lenkservos). Drehzahlfreudige Bürstenmotoren müssen deshalb unbedingt durch geeignete Maßnahmen (Kondensatoren, Spulen) funkentstört werden. Da BLs keine Bürsten besitzen, kommt es auch nicht zu Funkenbildung. BLs brauchen deshalb generell nicht entstört zu werden.
[Abb. oben rechts: Graupner Speed 600 RACE 7,2V und Plettenberg HP 220/30 A3 S P4. Bildquellen: www.graupner.de und www.plettenberg-motoren.com]
Demgegenüber stehen aber auch ein paar Nachteile der BL-Motoren:
- BLs benötigen einen speziellen » Drehzahlregler ("Fahrtregler"), der erheblich aufwändiger konstruiert ist als ein einfacher Bürsten-Regler. BL-Regler sind daher i.d.R. deutlich teurer als Bürsten-Regler. Ein BL lässt sich an einem konventionellen Bürstenregler nicht betrieben. Die Notwendigkeit dieser speziellen BL-Regler ist auch genau der Grund, warum die BL-Motoren ihren Siegeszug erst so spät begannen: nur durch moderne Mikrocontroller und Hochleistungs-MOSFET-Endstufen wurde es möglich, kleine und kostengünstige Regler zu entwickeln.
- BLs sind in der Anschaffung meist kostspieliger als Bürstenmotoren. Ein kleiner, einfacher Graupner SPEED Bürstenmotor kostet ca. 10 bis 25 Euro, ein kleiner, billiger China-BL ca. 20 bis 60 Euro. Ein guter Qualitäts-Bürstenmotor (Dunker, Bühler, etc.) liegt je nach Grösse bei ca. 30 bis 180 Euro, ein guter Qualitäts-BL (Plettenberg, Lehner, etc.) beginnt bei ca. 200 bis 250 Euro. Ganz pauschal ausgedrückt: mit dem 2 - 4fachen Preis sollte man schon rechnen. (Anm.: eine Ausnahme machen High-End-Bürsten wie z.B. die Plettenberg-Motoren. Mit deutlich dreistelligen Kosten liegen sie in einem ähnlichen Preisbereich wie sehr gute BLs).
- BLs sind äusserst "drehzahlsteif". Das bedeutet: der Motor "versucht" in jedem Fall (also auch, wenn er eingebremst wird), die vom Fahrtregler vorgegebene Drehzahl zu erreichen. Wenn ein Bürstenmotor z.B. durch ein zu schweres Boot oder einen falschen (zu großen) Prop eingebremst wird, bricht er "gutmütig" in der Drehzahl ein. Das bedeutet: die Stromaufnahme steigt, der Wirkungsgrad sinkt, die Verlustleistung (Hitzeentwicklung) steigt. Der BL verhält sich in so einem Fall deutlich aggressiver: sobald der Fahrtregler misst, dass der Motor die aktuell vorgegebene Drehzahl nicht erreicht, steigt die Stromaufnahme des BLs drastisch an. Ein falsch angepasster, eingebremster oder blockierter Motor wird dann für wenige Sekunden extreme Leistung produzieren. Dabei erhöht er die Stromaufnahme so drastisch, dass kurz darauf der Motor und/oder der Regler durchschmort. Da ein Regler dabei zu brennen beginnen kann, kann ein deutlich fehlangepasster BL den Totalverlust des Modells bedeuten.
Fazit: BLs sind äusserst leistungsfähige, leichte und energieeffiziente Motoren, die trotz des höheren Preises für unsere Zwecke bestens geeignet sind. Wichtig ist lediglich die vernünftige Auswahl des passenden Motors. Dabei kommt es weniger darauf an, "den einen, optimal passenden" Motor aus dem geradezu riesigen Marktangebot herauszufinden, als vielmehr ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Motordaten prinzipiell für ein bestimmtes 152VO-Modell passen, ohne dass der Antrieb unnötig "gestresst" wird. Bei der Auswahl soll dieses Kapitel helfen.
Prinzip Bürste / BL, Kommutierung
Prinzip Inrunner / Outrunner, Eigenschaften
Bezeichnungen, Außenabmessung / Rotorgrösse
Windungen / kV / Drehzahl
Sensorgesteuert / sensorlos
Motorauswahl
Einbau